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TOLERANZ

Neben und miteinander

Die ganze Stadt im Blick
Altona weiter vorn

Gabi Dobusch

Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft

Neubau der Sternbrücke in Altona

Hamburg ist eine der brückenreichsten Städte Europas. Seit 2013 hat sich Hamburg das Ziel gesetzt, die öffentliche Infrastruktur in einen guten Zustand zu bringen und diesen dauerhaft zu erhalten. Mit der Drucksache 21/13592 "Grundsätze des Erhaltungsmanagements der Freien und Hansestadt Hamburg" hat der Senat der Bürgerschaft die Grundzüge des systematischen Erhaltungsmanagements der Stadt mitgeteilt. Hamburgs Brücken sind Teil dieses Erhaltungsmanagements.
Auch die Deutsche Bahn Netz AG (DB Netz) nimmt deutschlandweit umfassende und notwendige Brückenerneuerungen im Bestandsnetz vor. Die Sternbrücke in Altona ist Teil des Streckennetzes der DB Netz. Sie ist eine von über 25.000 Eisenbahnbrücken in Deutschland und Bestandteil eines wichtigen Streckenabschnittes im Fernbahnverkehr. Das jetzige Bauwerk wurde ca. 1890 erbaut und 1925 in Teilen umgebaut. Täglich fahren auf den vier Gleisen über 900 Fern-, Regional- und S-Bahn-Züge über die Brücke. Der Ausbau der Verbindungsbahn zwischen dem Hamburger Hauptbahnhof und dem neuen Fern-, Regional- und S-Bahnhof Altona am Diebsteich wird darüber hinaus ein wichtiger Baustein für die Realisierung des Deutschland-Taktes auf dieser Strecke sein.
Die Sternbrücke wurde von der DB Netz inspiziert und in Augenschein genommen. Die Sternbrücke hat das Ende ihrer technischen Lebensdauer erreicht, eine Sanierung ist angesichts der Anforderungen des heutigen und zukünftigen Schienenverkehrs leider nicht möglich. Deshalb ist ein Neubau der Brücke unabdingbar. Eine moderne Infrastruktur unterstützt das umweltfreundliche Verkehrsmittel Bahn und stärkt den Schienenpersonenverkehr in Hamburg.
Die Straßenkreuzung Max-Brauer-Allee/Stresemannstraße unter der Brücke wird täglich von etwa 48.000 Fahrzeugen passiert. Die sonst vierspurige Stresemannstraße ist durch die Brückenpfeiler auf drei Spuren verengt. An der Kreuzung liegt die Bushaltestelle Sternbrücke mit wichtigen Metrobuslinien. Die Situation für Zu-Fuß-Gehende und Radfahrende ist derzeit äußerst unbefriedigend und muss im Zuge des Brückenneubaus den heutigen Anforderungen gerecht werden. Die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) hat deshalb nach Abwägung der notwendigen straßenverkehrstechnischen Belange im Falle des Brückenneubaus 2016/2017 ein sogenanntes Aufweitungsverlangen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz gestellt. Hierdurch soll insbesondere eine Optimierung der Nebenflächen des Verkehrsraums möglich werden.
Bei der Festlegung der Neubauvariante sind die verkehrliche Bedeutung und die Situation im Umfeld der Brücke zur Aufrechterhaltung des Verkehrsflusses bei allen Verkehrsträgern zu berücksichtigen und in Beziehung zueinander zu setzen. Eine Beeinträchtigung des Eisenbahnbetriebs ist dabei so gering wie möglich zu halten.
Am 15. April 2020 stellte die DB dem Planungsausschuss im Bezirk Altona das Modell für den Neubau einer stützenfreien gekippten Stabbogenbrücke vor. Die Lösung mit den gekippten Bögen wurde im Rahmen einer Variantenuntersuchung im Vorfeld entwickelt. Die DB Netz hat am 30. April 2020 für diese Variante die Planfeststellungsunterlagen für den Neubau der Sternbrücke beim Eisenbahn-Bundesamt (EBA) eingereicht.
Im Zuge der von DB, BWVI und BSW durchgeführten Variantenuntersuchungen wurden in der Tiefe einer begonnenen Vorentwurfsplanung Varianten entwickelt, bei denen durch die asymmetrische Positionierung von drei Stützen im öffentlichen Verkehrsraum die Tragwerkshöhe erheblich reduziert werden könnte, ohne dass dabei die bautechnischen Folgen in der Tiefe einer Entwurfsplanung betrachtet wurden. Diese gilt es vertieft zu prüfen und mit der Vorzugsvariante zu vergleichen.
Die Bürgerschaft möge beschließen:
Der Senat wird ersucht,
1. die handlungsleitenden Kriterien für die Auswahl einer stützenfreien gekippten Stabbogenbrücke als Vorzugsvariante für den Neubau der Sternbrücke detailliert darzulegen und eine maßstabsgetreue grafische Darstellung der neuen Sternbrücke beizufügen;

2. die DB als Vorhabenträgerin zu veranlassen, parallel zum laufenden Planfeststellungsverfahren für den Neubau der Sternbrücke in Altona die im Mai 2020 öffentlich bekanntgewordene Drei-Stützen-Variante unter Einbeziehung des entwurfsverfassenden Büros und der Verkehrsbehörde vertieft zu bewerten bzw. die Gründe, die zu deren Ausschluss im weiteren Planungsprozess geführt haben, näher zu betrachten. Dabei sind mindestens folgende wesentlichen Aspekte zu berücksichtigen und mit der Vorzugsvariante der Stabbogenbrücke zu vergleichen:

a. Statik, Boden, Fundament und Leitungsführung
i. überschlägige statische Beurteilung der Stützvariante insbesondere in puncto Lastabtragung
ii. Tragfähigkeit des Bodens
iii. Stützenanordnung sowie Durchmesser und notwendige Fundament-
abmessungen und -gründungen
iv. Prüfung der Notwendigkeit von Unterzügen und eine ggf. damit verbundene Fahrbahnabsenkung
v. Lage alter bzw. vorhandener Fundamente
vi. Leitungsführung im Boden insbesondere auch im Planbereich der Stützen
vii. Kampfmittel im Boden

b. Verkehr und Baustellenplanung
i. Bewertung des Nutzens der Baumaßnahme in Hinblick auf den Nutzen für den Fern-, Regional und S-Bahnverkehr, den ÖPNV, den Pkw-, den Rad- und Fußverkehr sowie Modelle der jeweiligen Verkehrsplanungen für den Kreuzungsbereich und das direkte Umfeld der Max-Brauer-
Allee und der Stresemannstraße.
ii. Darstellung der zu erwartenden Behelfsverkehrsführung
iii. Auswirkungen auf die Fahrzeiten der unterschiedlichen Verkehrsmittel
iv. Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit (Auf- und/Anprallgefahr) und das mögliche Unfallgeschehen
v. Änderung der möglichen Durchfahrtshöhe und Straßengradiente

c. Auswirkung auf die Bebauungen im Umfeld der Brücke
i. notwendige Eingriffe in die Wohnbebauung durch die Baumaßnahme inkl. ggfs. notwendiger Unterfangungen
ii. notwendige Eingriffe in die Gewerbenutzung durch die Baumaßnahme
inkl. ggfs. notwendiger Unterfangungen

d. Umweltverträglichkeit, Schadstoffbelastung in der Luft und Lärmschutz
i. zu erwartende Auswirkungen auf die Schadstoffbelastung durch eine andere Verkehrsführung
ii. Prüfung der notwendigen Höhe von Lärmschutzwänden unter der
Voraussetzung des Vollschutzes von Lärmimmissionen sowie weiterer Aspekte des Lärmschutzes während der Bauphasen
iii. Auswirkungen auf die notwendigen Baumfällungen

e. Wirtschaftlichkeit
detaillierte Darstellung der zu erwartenden Planungs-, Bau- und Betriebskosten inkl. Abbruch und etwaigen Verzögerungen im gesamten Neubauprozess in Verbindung mit der zu erwartenden Nutzungsdauer des Brückenbauwerks
f. Bauverfahren
i. Darstellung der Bauplanungsphasen
ii. zu erwartende Bauzeit und etwaige Verzögerungen
iii. Darstellung des Bauablaufs inkl. der notwendigen Nutzung des Bauwagenplatzes Zomia
iv. plausible Herleitung des Kernsperrzeitraums durch den Brückenbau und den damit ggfs. verbundenen Tiefbauarbeiten
v. zu erwartenden Risiken beim Bauverfahren

Sollten sich im Zuge der Untersuchungen noch weitere Prüfgegenstände ergeben, die für einen aussagekräftigen Vergleich mit der stützenfreien Variante erforderlich sind, so sind diese zusätzlich zu bearbeiten.

3. Das eisenbahnrechtliche Planfeststellungsverfahren einschließlich der Einwände- und Klagemöglichkeiten darzustellen;

4. der Bürgerschaft bis zum 30. September 2020 zu berichten.

Antrag

Hamburgische Bürgerschaft
10.06.2020
Drucksache: 22/

Von den Abgeordneten:
Kazim Abaci, Ole Thorben Buschhüter, Gabi Dobusch, Dirk Kienscherf, Martina Koeppen, Jan Koltze, Mathias Petersen, Frank Schmitt, Philine Sturzenbecher



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