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Gabi Dobusch

Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft

Freiwilligendienste und Zivildienst

In Deutschland gibt es zurzeit rund 76.000 Zivildienstleistende (Jahresdurchschnitt für 2009 liegt bei 63.000). Vor fünf Jahren gab es im Jahresdurchschnitt pro Monat rund 78.000, vor zehn Jahren 138.000 Zivildienstleistende in Deutschland. Nach Statistiken des Bundesamts für Zivildienst gibt es zurzeit rund 111.000 Zivildienstplätze. Vor fünf Jahren lag der Monatsdurchschnitt im Jahr bei 150.000, vor zehn Jahren bei 187.000. In Hamburg gibt es zurzeit 834 Zivildienststellen (Deutschland: 37.850) und 2.474 Zivildienstplätze insgesamt, von denen gegenwärtig 1.701 (68 Prozent) besetzt sind. Im Oktober 2009 wurden 184 Menschen in Hamburg zum Zivildienst einberufen.
CDU, CSU und FDP haben sich laut Koalitionsvertrag der Bundesregierung auf die Verkürzung des Wehrdienstes auf sechs Monate verständigt. Zurzeit liegt ein entsprechender Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, der nicht nur die Verkürzung des Zivildienstes zum 1.Januar 2011, sondern unter anderem die Möglichkeit einer freiwilligen Verlängerung des Zivildienstes um bis zu sechs Monate vorsieht. Nach Einschätzung des Diakonischen Werkes EKD wird das Profil des Zivildienstes durch die angekündigte Verkürzung der regelhaften Dienstzeit deutlich verändert. Die Erfüllung der Versorgungsaufträge der sozialen Einrichtungen, der gesetzlichen Vorgaben und der Rahmenbedingungen für den Zivildienst ziehen große Herausforderungen nach sich. Die Diakonie warnt davor, dass mit einer Verkürzung der Dienstzeit auf sechs Monate etliche Dienststellen an ihre strukturelle, organisatorische und finanzielle Belastungsgrenze kommen.
Aus dem Bundeshaushalt werden erhebliche Mittel für den Zivildienst aufgebracht. Mit der geplanten Zivildienstzeitverkürzung von neun auf sechs Monate werden finanzielle Mittel frei. Diese freiwerdenden Mittel aus dem Zivildienst sollten gerade aus Sicht der Sozialen Träger dem Freiwilligen Sozialen Jahr sowie anderen freiwilligen Maßnahmen zur Verfügung gestellt werden. Auch die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat zuletzt in einem Antrag (Drs. 19/5323) auf die Bedeutung von Freiwilligendiensten hingewiesen und den Ausbau der Förderung von Angeboten von Freiwilligendienste Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) und Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) eingefordert.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:
1. a. Wie viele FSJ-Plätze stellen die sozialen Träger beziehungsweise
Einrichtungen in Hamburg jeweils und insgesamt für den Jahrgang 2008/2009
zur Verfügung?
b. Wie viele dieser FSJ-Plätze wurden jeweils und insgesamt besetzt?
2. Welche Einrichtungen sind zurzeit als Einsatzstellen für das FÖJ zugelassen? (Bitte die als Einsatzstellen zugelassenen Organisationen mit der Anzahl der besetzten Stellen für den aktuellen Jahrgang (2009/2010) aufführen und anzeigen, in welchen Einrichtungen anerkannte Kriegsdienstverweigerer ihren Ersatzdienst als FÖJ absolvieren können. Bitte zudem die Finanzierungsstruktur aufzeigen.)
3. Welche Struktur zeigt sich bei den FSJ- und FÖJ-Dienstleistenden im Jahrgang 2008/2009 im Hinblick auf Alter, Schulabschluss und Geschlecht? (Bitte getrennt nach FSJ und FÖJ angeben.)
4. Wie bewertet der Senat bzw. die zuständige Behörde die Angebote der neuen sozialen Freiwilligendienste wie "weltwärts" und FSJ im Bereich Kultur? (Bitte hierzu neben einer politischen Einschätzung auch Angaben machen zu den Personen, die in diesen Bereichen tätig wurden (Anzahl, Einsatzbereiche, Alter, Schulabschluss).)
5. Laut Antwort des Senats auf die Große Anfrage im Mai 2009 (Drs. 19/2907) werden gezielte Einzelmaßnahmen zur Werbung für freiwillige soziale Dienste durchgeführt. Hat der Senat dazu eine Evaluation des Angebots und dessen Nutzung durch Bürgerinnen und Bürger durchgeführt?
a. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
b. Wenn nein, warum nicht bzw. ist eine entsprechende Auswertung des bestehenden Werbeangebotes geplant? (Wenn ja: wann und in welcher Form?)
6. Werden auch gezielte Einzelmaßnahmen zur Werbung für freiwillige ökologische Dienste durchgeführt? Wenn ja, von wem und welche? Wenn nein, warum nicht?
7. Welche Maßnahmen führt der Senat oder die zuständige Behörde durch, um Menschen mit geringeren Schulabschlüssen verstärkt dazu zu motivieren und vorzubereiten, Tätigkeiten im Bereich freiwilliger sozialer oder ökologischer Dienste zu übernehmen? Was hat der Senat dazu gerade im Bereich der Förderung von Jugendlichen mit Haupt- und Realschulabschluss sowie Migrantinnen und Migranten unternommen?
8. Im Koalitionsvertrag haben CDU und GAL zum Ehrenamt festgehalten: "Es soll geprüft werden, wie durch den Einsatz geringer pauschalisierter Aufwandsentschädigungen die ehrenamtliche Tätigkeit in bestimmten, von der Stadt definierten Tätigkeitsfeldern auch bei Zuwendungsempfängern initiiert und ausgeweitet werden kann." In der Antwort auf die Große Anfrage aus dem Mai 2009 (Drs. 19/2907) hat der Senat darauf verwiesen, dass die "Prüfung der Initiierung und Ausweitung des Einsatzes geringer pauschalierter Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeit in bestimmten, von der Stadt definierten Tätigkeitsfeldern auch bei Zuwendungsempfängern" noch nicht abgeschlossen war. Wie ist der Stand der Prüfung nach einem Jahr? Welche Ergebnisse liegen vor und welche Änderungen wurden in diesem Bereich vorgenommen?
9. Die Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz (BSG) steht laut Antwort auf die Große Anfrage der SPD vom Mai 2009 (Drs. 19/2907) im ständigen Austausch mit den sozialen Trägern zu Fragen der Förderung der Rahmenbedingungen im bürgerschaftlichen Engagement. Laut Antwort auf dieselbe Anfrage plante die BSG "eine Konzeptionserstellung zur thematischen Ausweitung im FSJ". Sieht der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde gerade vor dem Hintergrund der Zivildienstzeitverkürzung zum 1.1.2011 Handlungsbedarf, das Angebot an FSJ- und FÖJ-Plätzen jeweils zu erhöhen? Falls ja, welche Schritte unternimmt er beziehungsweise sie dazu? Falls nein, warum nicht?

10. Das Element der Freiwilligkeit von sozialen Diensten ist zu stärken. Die Freiwilligendienste, die sich großer Beliebtheit bei jungen Menschen erfreuen - auf einen Platz kommen bis zu drei Bewerber - müssen gestärkt und ausgebaut werden. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat, ob er es für sinnvoll erachtet, sich dafür einzusetzen, dass alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Möglichkeit eines Jugendfreiwilligendienstes erhalten, und setzt sich der Senat im Bundesrat dafür ein, den Rechtsanspruch auf einen Freiwilligendienst gesetzlich zu verankern?
11. Welche Einrichtungen und welche Träger stellen 2009 wie viele Zivildiensteinsatzstellen und Zivildienstplätze in Hamburg zur Verfügung?
12. Welche Struktur zeigt sich bei den Zivildienstleistenden im Hinblick auf Alter und Schulabschluss für das Jahr 2009?
13. Aufgrund der geplanten Verkürzung des Zivildienstes von neun auch sechs Monate zum 1.1.2011 werden viele Träger und Einsatzstellen, wie oben ausgeführt, vor vielfältige Herausforderungen gestellt. Von der Bundesregierung ist nun vorgesehen, den Zivildienst freiwillig um bis zu sechs Monate zu verlängern. Eine freiwillige Verlängerung des Zivildienstes führt ggf. dazu, dass gesetzliche Gebot der Arbeitsmarktneutralität zu unterlaufen, denn es sollen offensichtlich "personelle Lücken" in sozialen Einrichtungen und Einsatzstellen für das FÖJ geschlossen werden.
a. Hat der Senat entsprechende Gespräche mit den Trägern und Einrichtungen über die Auswirkungen der geplanten Pläne der Bundesregierung geführt?
Wenn ja, was sind die Ergebnisse dieser Gespräche? Welche Umstellungen werden die Träger und Einrichtungen in Hamburg vornehmen? In welchen Bereichen sehen Sie Handlungsbedarf?
Wenn nein, wann werden entsprechende Gespräche geführt?
b. Wie schätzt der Senat politisch die Auswirkungen einer Zivildienstzeitverkürzung und der Möglichkeit einer freiwilligen Verlängerung des Zivildienstes für das soziale Gefüge und den Arbeitsmarkt im Bereich der sozialen Dienstleistungen ein?

Grosse Anfrage

Hamburgische Bürgerschaft
05.05.2010
Drucksache: 19/6157

Von den Abgeordneten:
Ksenija Bekeris, Gabi Dobusch, Britta Ernst, Uwe Grund, Dirk Kienscherf, Wolfgang Rose

Antwort des Senats



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